Text: Michelle Schwarzenbach (Schweizer Illustrierte vom 24.01.2020)
Bild: Dominic Nahr
Einen Laptop und Internet, mehr brauche ich als Webdesigner nicht. Darum kann ich arbeiten, wo ich will.
In den letzten zwei Jahren bin ich rund um den Globus gereist: Marokko, Bolivien, Argentinien, Neuseeland – in über 15 Ländern habe ich mein Mini-Büro eingerichtet. Ich liebe die Freiheit, mir alles selber einteilen zu können.
Aber um eines klarzustellen: Das Instagram-Klischee vom digitalen Nomaden, der den ganzen Tag mit Laptop in der Hängematte oder am Strand sitzt, trifft auf mich nicht zu. Viel zu unpraktisch! Ein Windstoss reicht, und alles ist mit Sand übersät. Lieber arbeite ich in einem Café oder einem Coworking Space.
Auf die Idee, Reisen und Arbeiten zu verbinden, kam ich vor drei Jahren an einem Vortrag in Zürich: «Sechs Jahre Weltreisen – die geilste Lücke im Lebenslauf.» Im Anschluss stellte ich mir die Frage: Ist es richtig, so viel Zeit in meine Arbeit zu investieren?
Damals war ich fest angestellt bei einer Webagentur, mit langen dichten Arbeitstagen. Ich fragte meinen Chef, ob es möglich sei, mal aus dem Büro rauszukommen. Weil er mich unbedingt behalten wollte, bot er mir an, einige Wochen von Portugal und Spanien aus zu arbeiten. In dieser Zeit merkte ich: Es geht mir viel besser, wenn ich den Tag mit einem Schwumm im Meer anstatt im Pendlerverkehr starte. Darum habe ich mich selbstständig gemacht: um noch freier zu sein.
Wann und wie viel ich arbeite, ist sehr unterschiedlich. In Buenos Aires etwa sass ich pausenlos am Laptop, in Neuseeland hingegen habe ich vor allem die Natur erkundet.
Mit meinen Kunden bin ich über E-Mail in Kontakt. Stets auf dem Handy erreichbar zu sein – das würde mich zu sehr unter Druck setzen. Dafür riskiere ich, dass ich Aufträge, bei denen ein persönliches Gespräch erwünscht ist, nicht bekomme.
Der grösste Nachteil meines Lebensstils ist die Einsamkeit. Ich erlebe so oft schöne Momente – die möchte ich gerne teilen. Auf Reisen sind die Kontakte oft kurzlebig. Gespräche bleiben an der Oberfläche: Wie heisst du? Woher kommst du? Was arbeitest du? Darum sind mir meine zwei, drei Freunde in der Schweiz so wichtig.
Meinen Wohnsitz habe ich offiziell bei meinen Eltern, ich zahle ganz normal Steuern und Krankenkasse. Wegen der Bürokratie ist es ein Muss, hier weiterhin eine Adresse zu haben. Seit fast einem Jahr reise ich in der Schweiz herum. Mein Besitz passt in einen 60-Liter-Rucksack. Momentan lebe ich in einem möblierten Zimmer in einer Wohngemeinschaft in Bern. Ich wähle bewusst befristete Angebote, damit ich mich nicht zu sehr einrichte. Ob ich mir vorstellen könnte, wieder sesshaft zu werden? Für die grosse Liebe sicher!
GENIAL!! Gratuliere herzlichst zu deiner spannenden Story und deinem Mut, dem Herzen zu folgen! Die Freiheit ist unbezahlbar! Denke, wir werden uns schon bald kennen lernen. Elmar von Solid Identities hat mir dich letzte Woche vorgestellt….
Vielen Dank für den Input und deine Worte Bettina!
Arbeitszeit ist halt doch Lebenszeit, die möglichst angenehm sein sollte (was es bei mir vor einigen Jahren leider nicht immer war). Aus diesem Grund habe ich an zahlreichen Schrauben gedreht und einiges so verändert und angepasst, wie ich es als besser erachte und vorallem verbunden mit höherer Lebensqualität.
Ich bin ebenfalls sehr gespannt, dich bald kennenlernen zu dürfen.
Lieber Gruss
Michi